Wabi-Sabi in der Naturfotografie

Wabi-Sabi – Zen der Dinge

Wabi-Sabi ist die Wahrnehmung von Schönheit auch (oder gerade) in Dingen, die nicht schön sind, sondern alt, matt, verblichen, abgegriffen. Plakativ gesprochen, die Schönheit im Hässlichen.

Die Schönheit des Wabi-Sabi ist einfach und zurückhaltend, glanzlos, unverziert mit einer eher faltigen und rauen Oberfläche. Lieber Patina als Glanz. Charakteristische Eigenschaften wie Asymmetrie, Schlichtheit, Entsagung, Natürlichkeit, Tiefgründigkeit, Nicht-Unterwerfung und Innere Ruhe kommen hier zum Tragen.

Als ich durch Zufall von diesem alten japanischen Ästhetik-Konzept las, konnte ich mich gleich damit identifizieren. Unverzüglich habe ich das Thema anhand entsprechender Lektüre vertieft (siehe Buchtipps am Ende des Artikels).

Mehr als ein Ästhetik-Konzept ist es eine Lebenshaltung, die ursprünglich in der japanische Teezeremonie geschult wurde und vom Zen Buddhismus geprägt ist. Als Buddhisten möchte ich mich nicht direkt bezeichnen, wenngleich mir einige buddhistische Lehren geläufig sind und ich einiges davon praktiziere. Da kam natürlich öfter mal die Frage bei mir auf, wie ich mit meiner Fotografie meine persönliche Lebenseinstellung oder Philosophie ausdrücken kann. Wabi-Sabi ist eine Antwort darauf.

Obwohl ich gerne draußen in der Natur bin und mir beim Anblick einer schönen Landschaft das Herz aufgeht, hat mich doch die Naturfotografie, wie ich sie bislang kannte, schnell gelangweilt. Es gibt unzählige, wunderschöne Landschafts- und Naturaufnahmen, perfekt aufgenommen, gestochen scharf von vorne bis hinten und gekonnt bearbeitet. Aber manchmal eben einfach zu perfekt. Und oft emotionslos. Natürlich sollte man als Fotograf in der Lage sein, ein technisch ordentliches Bild abzuliefern, richtig belichtet, der Fokus sitzt, wo er sitzen soll und das Bild ist scharf. Auch ich habe gelernt, was Bildaufbau ist, wie man manuell belichtet oder die hyperfokale Distanz berechnet und ich bin froh, dass ich das kann.

Aber vom Naturell bin ich eher jemand, der das Ungefähre dem Perfekten vorzieht. Der sich nicht auf ein konkretes Ergebnis festlegen, sondern lieber den Prozess genießen möchte. Fotografieren soll in erster Linie Spaß machen.

Da kommt mir dieses Konzept genau recht. Denn in der Wabi-Sabi Fotografie haben Technik, Bildkomposition, Fokus und Schärfentiefen auf einmal einen ganz anderen Stellenwert. Genauigkeit und Perfektion sind hier weniger gefragt, dafür aber Empathie und Intuition. Wabi-Sabi geht aber noch weiter. Hier ist Schönheit ein Ereignis zwischen einem selbst und noch etwas. Schönheit als Beziehung, die aus einer innere Haltung erwächst in einem Moment von Poesie und Anmut. Es gilt also nicht das Motiv, sondern meine Beziehung zu dem Motiv darzustellen.

Wabi-Sabi fotografieren

Wabi-Sabi als Lebenshaltung bedeute auch, jetzt hier zu sein, mit der maximalen Aufmerksamkeit auf jede Handlung die im Moment vollzogen wird. Und darin liegt für mich die Herausforderung. Ich versuche, im Hier und Jetzt zu sein, losgelöst von Vorurteilen und von der Idee, ein schönes Foto zu schießen oder von der Frage, ob anderen gefällt, was ich mache. Frei im Kopf, um die Schönheit in den unscheinbarsten Dingen zu erkennen. Ein Gefühl für das Große Ganze zu entwickeln. Das Große im Kleinen zu entdecken, und dessen Vergänglichkeit erkennen. Denn nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt, so die drei einfachen Wahrheiten des Wabi-Sabi.

Meine Vorgehensweise

Die Exif-Daten der einzelnen Aufnahmen findet Ihr in der Bildergalerie. Was man dort nicht erfährt ist, dass ich bei vielen Aufnahmen einen 10mm bzw. 14mm Makro-Zwischenring in Verbindung mit meinem SIGMA 60mm f2.8 DN Art verwendet habe. Meist habe ich offenblendig fotografiert, da ich, im Gegensatz zur klassischen Makrofotografie, eine geringe Tiefenschärfe haben möchte. Bei vielen Aufnahmen kam mal wieder meine kleine EPL-5 zum Einsatz, einzig und allein, weil ich für die einen aufsteckbaren Viewfinder habe, den ich hochklappen kann und somit von oben in die Kamera schauen kann. Das ist unglaublich hilfreich, wenn man in Bodennähe fotografiert. Die Aufnahmen habe ich alle ohne Stativ gemacht, was es bei dieser minimalen Schärfentiefe schwer macht, den Fokus richtig zu setzen. Aber auch das ist für mich bei dieser Art von Fotografie zweitrangig. Wer auf die absolute Kontrolle über den Fokuspunkt Wert legt, sollte bei Makrofotografie unbedingt ein Stativ verwenden.

Buchtipp

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